Nachdem nun mein eigenes Immunsystem durch Chemo und Bestrahlung völlig zerstört war, konnte/ musste dann am 18.8.2009 die Transplantation mit den Spenderzellen stattfinden. 

Eigentlich hat es sich genauso angefühlt, wie eine ganz unspektakuläre Infusion mit einer Kochsalzlösung. Fit für große sportliche Betätigung war ich ja immer noch nicht, die vorangegangene Behandlung zehrte noch an meinen Kräften. Die Krücken war ich auch immer noch nicht los. 

Das Einzelzimmer habe ich nicht bekommen, zu viele Patienten, zu wenig Betten und Einzelzimmer. Meine Bettnachbarin sollte einen Tag später transplantiert werden. Aber es gab keine Probleme, keine Nebenwirkungen und keine Infektionen. Bei uns beiden verlief alles nach Plan. 

Neben dem normalen Tagesablauf in einem Krankenhaus (viel zu frühes Wecken, Körperpflege, Frühstück, Visite, usw.) steht für allogen Transplantierte in Heidelberg eigentlich Fahrradtraining (gab es nur in Einzelzimmern) und das tägliche Betten frisch beziehen als Atemtraining mit auf dem Programm. Alle Patienten sollen das nach Möglichkeit selber machen. Natürlich gibt es Hilfe, wenn jemand körperlich dazu nicht in der Lage ist. Das hört sich so einfach an, aber...

Da waren immer  noch die Krücken und der schwere Infusionsständer, den ich mit herumschleppen musste. Schon die tägliche Körperpflege war anstrengend. Und alles musste zeitlich koordiniert werden.

Aufstehen, Frühstück, Körperpflege, wir 2 Patientinnen mussten uns auch zumindest im Bad terminlich arrangieren, Visite. Die Reinigungskräfte tun auch vormittags ihren Dienst. Zwischendurch wurden die Infusionen erneuert, Blutdruck gemessen, usw. 

Und dann die Bettwäsche. Gestärkt, dass sie frei stehen bleiben würde. Ich habe die Bettwäsche kaum auseinander bekommen, geschweige denn, die schwere Decke in den Bezug stecken können. Auch das Laken war natürlich störrisch wie ein Esel. Zum Betten machen brauchte ich täglich 1 Stunde Zeit. Danach war ich sprichwörtlich fix und fertig. Also schnell ins frische Bett gesetzt, Fernseher an und Ausruhen. Immer um diese Zeit kam eine Schwester ins Zimmer, um nach uns zu sehen. Und die sah immer nur eine faule Patientin vor der Glotze. Oh, hat sie mit mir geschimpft. Sie meinte es ja nicht böse, sie hatte einfach nur Angst, dass ich durchs Faulenzen und die Lunge nicht richtig zu beatmen eine Lungenembolie bekommen könnte und daran sterben würde. Dann wäre die gesamte Therapie für die Katz´ gewesen. 

Ich habe dann auf die gebrauchte Bettwäsche gezeigt, die auf dem Fußboden lag und weggeräumt werden konnte (im Doppelzimmer sieht man ja nicht gleich, ob da ein Satz Bettwäsche liegt oder zwei). Irgendwann habe ich ihr erzählt, dass ich doch schon wieder Pläne schmiede, was ich alles nach der Entlassung machen möchte. Und mit ein paar flotten Sprüchen auf den Lippen konnte ich die Krankenschwester dann beruhigen. Um mich brauchte sie sich keine unnötigen Sorgen machen. Ich hatte schon wieder so viele Flausen im Kopf, da konnte nichts schief gehen. 

Und so konnte ich nach 10 Tagen wieder nach Hause gehen. Die Blutwerte hatten sich stabilisiert, mir ging es soweit gut. Eine kleine Abwehrreaktion ( GvHD =  Graft versus Host Disease - eine Abwehrreaktion der Spenderzellen gegen den Körper des Empfängers) zeigte sich in Form eines Hautausschlags, aber das hatten die Ärzte schnell im Griff. 

 

Von meinem Spender durfte ich vorläufig nur erfahren, dass es ein Mann war und dass er eine andere Blutgruppe als ich hatte. Und ich die natürlich nun übernommen habe, weil seine Zellen künftig mein Blut bilden. Kennenlernen darf ich ihn erst in 2 Jahren, falls er ebenfalls daran interessiert ist. Inzwischen treibe ich manchmal Schabernack mit Ärzten, die mich nicht genau kennen. Bei der Frage nach meiner Blutgruppe sage ich:"Früher war ich null Positiv, jetzt bin ich null Negativ." Und dann kommt regelmäßig ein "Nein, das kann nicht sein." - "Doch," sage ich dann, "mit Stammzelltransplantation geht das."

Leider war mein Aufenthalt zu Hause nur von kurzer Dauer. Dienstags entlassen und am Freitag bekam ich einen so heftigen Durchfall (wiederum eine GvHD), dass ich wieder in Heidelberg einrücken musste. Spezialbehandlung: Hohe Cortisongaben, Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken und Haferschleim.

Brrrr, ganz besonders lecker. Dann stellte ich aber fest, dass ich mir unter Haferschleim diese fürchterlich klebrig, zuckrige Masse vorstellte, die meine Schwiegermutter meinen Kinder oft gekocht hat. Der in Heidelberg war aber nicht süß. Schmelzflocken in Fleischbrühe gekocht, das konnte ich gut essen. Für mich war es das beste Essen, das ich in der ganzen Krankenhauszeit je erhalten habe. Nach einigen Tagen gab es dann noch Kartoffelbrei ohne Milch dazu. 

 

Und nach der nächsten Entlassung war alles okay. Unschön waren nur die vielen Medikamente, die ich danach lange Zeit einnehmen musste. Oft hatte ich das Gefühl, ich brauche 20 Medikamente, um die Nebenwirkungen der 3 wirklich Wichtigen zu behandeln. Beim Frühstück habe ich oft Scherze gemacht, dass ich nach der Medikamenteneinnahme kein Essen mehr brauche, weil ich jetzt schon satt bin. Und ohne genauen Plan hätte ich sicher regelmäßig die Hälfte vergessen.